Hyperlipidämie

Diagnostik

Gesamt-C, HDL-C, LDL-C, Triglyzeride bestimmen (Blutproben nicht unbedingt nüchtern)

  • Alle 5 Jahre in der Primärprävention
    • Bei asymptomatischen Männern > 40 Jahre, Frauen > 50 Jahre oder postmenopausal
    • Risikoabklärung alle 5 Jahre bei niedrigem Risiko, alle 2–5 Jahre bei intermediärem Risiko
    • Ab 75 Jahre kein Screening mehr
  • Bei Vorliegen anderer kardiovaskulärer (kv) Risikofaktoren oder familiär gehäuften/vorzeitigen kv Erkrankungen ist eine Cholesterinbestimmung unabhängig vom Alter sinnvoll
  • Inspektion auf Xanthome, Arcus lipoides corneae bei hohen Cholesterinwerten
  • Blutdruckmessung
  • BMI
  • Blutzucker/HbA1c
  • TSH (–> Ausschluss Hypothyreose bei Hypercholesterinämie)
  • Leberfunktion (Transaminasen) als Basis-Assessment vor Beginn der Statintherapie und
    8 Wochen nach Therapiebeginn bzw. Dosiserhöhung bei zusätzlichen Komorbiditäten, welche eine Hepatopathie mitverursachen könnten
  • Kreatininkinase nur bei Angabe von Muskelschmerzen

Hinweisend auf eine FH

  • TC ≥ 8 mmol/l, LDL > 4,9 mmol/l (Erwachsene)
  • TC > 6,7 mmol/l, LDL > 4,0 mmol/l (Kinder/Jugendliche)
  • Vorzeitige Atherosklerose beim Indexpatienten oder in der Familie

Diagnosekriterien: AGLA FH-Rechner/DLNC-Score

 

Therapie

  • Grundlage für eine Therapieempfehlung bei Hyperlipidämie ist die Einschätzung des individuellen kv Gesamtrisikos anhand von Risiko-Scores

Empfohlene Scores sind

  • Für gesunde Patienten ohne kv Ereignisse/ohne Diabetes: AGLA*, SCORE2/SCORE2-OP, LIFE-CVD2 PREVENT calculator

    * In der AGLA Version 2025 wurden neue Cutoffs programmiert, welche die Praktikabilität des Rechners nicht mehr uneingeschränkt gewährleisten

  • Physische Aktivität: Schon ab 2‘500 Schritte gehen/Tag sind günstige kv Effekte zu erwarten, 8‘000–9‘000 Schritte gehen/Tag zeigen den grössten Nutzen-Aufwand-Ertrag
  • Ernährung: Zu empfehlen ist eine mediterrane Diät, zu der auch ein regelmässiger Fischkonsum (mind. 2 x/Woche) gehört. Einschränkung des Fleischkonsums hat nur einen geringen kv Effekt
  • Alkoholkonsum und gezuckerte Getränke begrenzen oder ganz weglassen
  • Hohen Salzkonsum insbesondere bei Hypertonie reduzieren, jedoch keine extreme Salzreduktion
  • Gewichtsabnahme anstreben, insbesondere bei Adipositas
  • Nicht zu empfehlen: Omega-3-Fettsäure-Supplemente

Primärprävention

  • Gemäss individuelles kv Gesamtrisiko (siehe Risikoevaluation)
  • Patienten 40 bis 75 Jahre
    • Gemäss USPSTF (U.S. Preventive Services Task Force): Bei geschätztem 10-Jahres-Risiko für kv Ereignisse von 10 % oder mehr (bei einem oder mehreren kv Risikofaktoren wie FH, Dyslipidämie, Diabetes, Hypertension und/oder Rauchen)
    • Gemäss DEGAM (2017) und der AkdÄ (2023) kann im Regelfall auch ein 10-Jahres-Risiko für kv Ereignisse von 20 % als Schwelle für ein Statin-Therapieangebot angesetzt werden
  • Patienten > 75 Jahre
    • Nutzen und Risiken eines Therapiebeginns in hohem Alter lassen sich aktuell nicht abschliessend beurteilen

Medikamente

  • Statine sind Mittel der 1. Wahl. Besonders potente Statine sind Atorvastatin, Rosuvastatin und Pitavastatin. Nach einer Netzwerkanalyse weist Atorvastatin das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis auf  
  • Statine sollen in fixer Normaldosis (z. B. Atorvastatin 40 mg) eingesetzt werden. Ausnahme: Familiäre Hypercholesterinämie!
  • Es ist in der Primärprävention nicht belegt, dass eine Hochdosis-Statintherapie oder eine Titration auf Zielwerte (Treat-to-target-Strategie) einen relevanten Zusatznutzen hat
  • Der Nutzen einer Zusatztherapie mit Ezetimib und PCSK9-Hemmern ist begrenzt. Nur Erwachsene, die ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten inklusive Schlaganfall aufweisen und die bereits die maximale Dosis von Statinen einnehmen oder die Statine nicht vertragen, können von einer zusätzlichen Gabe von Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren eventuell profitieren
  • Folgende lipidsenkende Medikamente können aktuell wegen nicht eindeutig nachgewiesenem klinischen Nutzen nicht empfohlen werden: Bempedoinsäure (Nilemdo®), Nikotinsäure(-derivat) Acipimox (Olbetam®), siRNA (Inclisiran, Leqvio®)

Sekundärprävention

  • In der Sekundärprävention sind Statine wegen ihrer pleiotropen/plaquestabilisierenden Wirkung auch dann indiziert, wenn die Cholesterinwerte nicht erhöht sind!
  • In der Regel soll auch in der Sekundärprävention die Fire and forget-Strategie gewählt werden
  • Die fixe Statindosis soll in Normaldosis verabreicht werden, bei hohem kardialen Risiko kann auch eine Hochdosis-Statintherapie gewählt werden (bevorzugt Atorvastatin 80 mg), nach Aufklärung des Patienten über das Nutzen/Risiko Verhältnis (NW: Erstmanifestation von Typ-2-Diabetes mellitus)
  • Beachte: Bei Patienten in höherem Lebensalter wird empfohlen, das Statin bei Niereninsuffizienz und/oder potentieller Arzneimittelinteraktion in niedriger Dosis zu starten und dann nach Bedarf langsam aufzutitrieren. Bei Patienten unter Hämodialyse wird die Statintherapie wegen fehlender Wirksamkeit nicht empfohlen!

Verschiedene Strategien sind möglich

  • Beendigung der Statintherapie (immer bei Rhabdomyolyse, ev. bei primärpräventiver Therapie), bei Muskelschmerzen auch ohne CK-Bestimmung (wenn Zusammenhang offenkundig ist)
  • Ein anderes Statin wählen (z. B. Pravastatin, Fluvastatin in geringer Dosis)
  • Eine niedrigere Dosierung, ggfls. alternierend wählen (z. B. jeden 2. Tag oder 2 x/Wo)
  • Coenzyme Q10 100/200 mg/d wird NICHT empfohlen

Hypertriglyzeridämie

  • Der Nutzen einer TGL-senkenden Therapie ist – ausser bei exzessiver Hypertriglyzeridämie (dann insbesondere zur Vermeidung von Pankreatitiden) – nicht bewiesen
  • Nichtmedikamentöse Massnahmen: Gewichtsabnahme bei Adipositas, aerobes Training, Vermeiden von Medikamenten, welche Triglyzeride erhöhen, bei Diabetikern strikte BZ-Kontrolle, Hypertonie behandeln, Nikotinabstinenz
  • Statine als Medikamente 1. Wahl bei hoher Risiko-Kategorie und TGL > 2,3 mmol/l
  • Als ergänzende Option ev. Fenofibrat oder Bezafibrat, wenn das LDL im Zielbereich und TGL > 2,3 mmol/l liegt

Vollversion

Autoren: Dr. med. U. Beise

Änderungsdatum: 02/2025

Wollen Sie über aktualisierte und neue Guidelines informiert werden?

Abonnieren Sie unseren kostenlosen mediX-Guideline Update-Service.

mediX-Guidelines weiterempfehlen