Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Diagnostik

  • Abdominalbeschwerden (Durchfälle, Bauchkrämpfe, Blähungen)                                                                
    • Bei fast allen NM-Unverträglichkeiten möglich, bei „Pseudoallergien“ umstritten
  • Hautveränderungen (Urtikaria, Juckreiz, Flush, Konjunktivitis)
    • Bei Allergien und Pseudoallergien auf NM-Zusatzstoffe sowie Histaminintoleranz
  • Luftwege (Rhinitis, Asthma)
    • Bei Pseudoallergien und Allergien, Histaminintoleranz
  • Kopfschmerzen
    • Bei Histaminintoleranz
  • Nahrungsmittelaversion
    • Bei fast allen NM-Unverträglichkeiten möglich
  • Dysphagie
    • Bei Eosinophiler Ösophagitis
  • Orales Allergie-Syndrom (OAS)
    • Bei Allergien; auch Kreuzallergien
  • Bei akut auftretenden Beschwerden nach Genuss spezieller Nahrungsmitteln (z. B. OAS nach Verzehr von Obst) i. d. R. keine weitergehende Diagnose erforderlich –> Weglassen des auslösenden Nahrungsmittels

Ansonsten

  • Sorgfältige (Ernährungs-) Anamnese
    • Ernährungs-Symptom-Tagebuch
  • Weglassversuch
    • Bei jedem Intoleranz- oder Allergieverdacht sinnvoll (ausser bei anaphylaktischen Reaktionen)
  • Für NM-Unverträglichkeit sprechen

    • Besserung bzw. Verschwinden der Symptome unter Karenz
    • Reproduzierbares Auftreten der Symptome unter erneuter Belastung (zur Sicherung unbedingt empfohlen)
  • Prick-Test oder spezifische IgE-Bestimmung
    • Nur bei klarem Allergieverdacht auf ein spezifisches Nahrungsmittel. Positive Testreaktionen beweisen nicht die klinische Relevanz des getesteten Nahrungsmittels!
  • Nicht empfohlen
    • IgG-AK-Test (ausser bei Zöliakie), IgG4, ALCAT (Antigen Leukocyte Cellular Antibody)

Laktoseintoleranz

  • Probatorisch laktosearme Ernährung. In Ausnahmefällen bei Unklarheit Laktose-Belastungstest oder ev. H2-Atemtest
  • Striktes Meiden von laktosehaltigen Nahrungsmitteln für kurze Zeit (ca. 2 Wochen)
  • Anschliessend Austesten der individuell verträglichen Laktosemenge
  • Die grosse Mehrheit der Patienten verträgt den Laktosegehalt von einem Glas Milch (12 g), v. a. bei Verteilung über den Tag
  • Patienten auf nötige zusätzliche Kalziumzufuhr hinweisen
  • Ev. bei Bedarf Laktasekapseln (30 min vor Zufuhr grösseren Mengen Laktose einnehmen)

Zöliakie

  • Abklärung bei
    • Chronischer oder rezidivierender Diarrhö
    • Zahnschmelzdefekten
    • Nicht erklärbarer Transaminasenerhöhung
    • Nicht erklärbarer Eisenmangelanämie
    • Niederschwellig bei diffusen Beschwerden
  • Labor
    • IgA-Transglutaminasen-AK (oder IgA-Endomysium-AK)
    • Gesamt-IgA
  • Gastroskopie (6 Duodenalbiopsien) wenn AK positiv
  • Keine glutenfreie Kost zur Diagnosefindung! (AK nicht mehr nachweisbar!)
  • Glutenfreie Diät
  • Ernährungsberatung
  • Im 1. Jahr nach der Diagnosestellung –> nach 6–12 Monaten Beurteilung der Klinik und Diät
    • Labor (nur Parameter, die zum Zeitpunkt der Zöliakie-Diagnosestellung pathologisch waren)
      • Verlauf der Zöliakie-spezifischen AK (frühestens nach 6 Monaten)
      • Hämatogramm nach 12 Monaten
    • Kontroll-Gastroskopie mit Duodenalbiopsien nach 12 Monaten nur in folgenden Ausnahmefällen
      • Schlechtes Ansprechen auf glutenfreie Diät u./o. fehlende AK-Antwort auf glutenfreie Diät
  • Ab 2. Jahr nach Diagnosestellung
    • Individuell, je nach Befinden (lebenslang)

Nahrungsmittelallergien

Stufenweises Vorgehen zur Aufdeckung von NM-Allergien

1. Nahrungsanamnese

  • NM-Allergie wahrscheinlich bei
    • Bekannter Inhalationsallergie oder Atopie
    • Allergiesuggestiven Beschwerden wie oraler Pruritus oder Symptome, wie Urtikaria, Asthma
    • Beschwerden in engem zeitlichen Zusammenhang mit Nahrungsmittelgenuss (Minuten bis wenige Stunden)

2. Ernährungstagebuch

3. In vivo-/In vitro-Diagnostik

  • Haut-Prick-Test (auf Lebensmittelextrakte, Umweltantigene, Schimmelpilze, Gewürze etc.): Dient v. a. der Ausschlussdiagnose (NPV: > 95 %)
  • Gesamt-IgE und allergenspezifisches IgE: Ergänzend oder alternativ zu Prick-Test. Nachweis von spezifischem IgE gegen pollenassoziierte NM-Allergene immer bei systemischen Reaktionen!
    BeachteEin positiver Test entspricht einer Sensibilisierung und ist nur mit korrespondierenden Symptomen klinisch relevant. Eine Sensibilisierung ohne Symptome sollte nicht als Allergie gedeutet werden

4. Oraler Provokationstest (OPT)

  • Kann v. a. bei chronischen oder verzögert auftretenden Beschwerden (Ekzem, GI-Symptome) sinnvoll sein. OPT ist nicht erforderlich bei
    • Patienten mit zweifelsfrei zuzuordnenden anaphylaktischen Reaktionen auf definierte Nahrungsmittel
    • Pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien im Sinne eines OAS mit passendem Sensibili­sierungsmuster und Klinik
  • Karenz (Eliminationsdiät) einzige Therapie mit nachgewiesener Wirksamkeit
  • Individuelle Ernährungstherapie
  • Nach 1–2 Jahren Allergenkarenz kann für einige Nahrungsmittel eine Reexposition erwogen werden (Toleranzentwicklung)
  • Ev. Abgabe eines Notfallsets (Antihistaminikum, Prednison, ev. Adrenalin-Autoinjektor) mit Schulung
  • Schweregrad I: Auf die Haut beschränkt (Juckreiz, Flush, Angioödem, Urtikaria)
    • Antihistaminikum, Glukokortikoid, Nachbeobachtung
  • Schweregrad II–IV: Beteiligung von Respirationstrakt (Dyspnoe, Larynxödem, Bronchospasmus, Zyanose) und Herz-Kreislauf-System:

Vollversion

Autoren: Dr. med. U. Beise, Dr. med. D. Puhan

Änderungsdatum: 09/2021

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