Rhinosinusitis

Diagnostik

Leitsymptome akute Rhinosinusitis

  • Nasale Obstruktion/Schwellung („verstopfte Nase“)
  • Anteriore/posteriore Rhinorrhoe
  • Hypo- oder Anosmie
  • Schmerz/Druckgefühl über Nasennebenhöhlen (Mittelgesichtsschmerz, Oberkieferschmerz), bes. beim Vornüberbeugen
  • Bei anteriorer Rhinoskopie: Ev. sichtbarer Eiter im Ostiumbereich und über der unteren Nasenmuschel; Polypen
  • Husten (tagsüber/nachts) bei Kindern

Charakteristika der einzelnen Formen

Akute virale Rhinosinusitis (banaler Schnupfen) (ARS)

  • Lokalinfektion ohne virämische Phase
  • Nach 5 Tagen weitgehend abgeklungen

Akute postvirale Rhinosinusitis (Postvirale ARS)

  • Symptomdauer länger als 7 Tage oder Zunahme der Beschwerden nach etwa 5 Tagen
  • Keine starken Gesichtsschmerzen
  • Kein Fieber oder CRP-Erhöhung

Akute bakterielle Rhinosinusitis (ABRS)

Symptome länger als 10 Tage und/oder Zunahme der Beschwerden unter symptomatischer Therapie
Mindestens 3 von 5 Parametern

  • Zweigipfliger Verlauf („double sickening“)
  • Unilaterale Erkrankung (rein einseitige Schmerzen/Rhinorrhoe), kann aber auch bds. sein
  • Meistens Fieber > 38 Grad
  • Starke Gesichtsschmerzen
  • CRP ­↑

Hinweis: Es gibt eine erhebliche Überdiagnose und Übertherapie von ABRS!

Red flags

  • Unerklärtes, streng einseitiges oder ausgeprägtes Nasenbluten sollten vom HNO-Arzt einmalig kontrolliert werden
  • Schwellungen oder Rötungen über den betroffenen Sinus oder periorbital
  • Sehr starke Kopfschmerzen
  • Beeinträchtigungen des Sehvermögens, Doppelbilder und Exophthalmus sind absolute Notfälle, starke Epiphora (Tränenlaufen)
  • Meningitische oder andere neurologische Zeichen. Bei entsprechender Symptomatik ist eine Überweisung an den HNO-Spezialisten erforderlich, ggfls. Spitaleinweisung
  • Atypisches Gewebe bzw. einseitige Polyposis in der Nasenhaupthöhle
  • Röntgen, MRI oder CT sind weder diagnostisch noch prognostisch wertvoll und werden daher nicht empfohlen, ausser bei sehr seltenen schweren Komplikationen
  • Nasenabstrich: Hilft nicht bei der Unterscheidung virale/bakterielle Genese
  • Allergologische Abklärung wird bei häufig rezidivierenden ARS und bei CRS empfohlen, insbesondere bei entsprechenden Hinweisen (z. B. Niesreiz, nasaler Juckreiz, wässrige Rhinorrhoe)
  • Zur Abklärung einer CRS ist primär eine nasale Endoskopie und sekundär ein CT zu erwägen (wenn von Spezialisten empfohlen und frühestens nach 3 Monaten)
  • CRP-Bestimmung ist nicht routinemässig erforderlich. Erhöhte CRP-Werte können die Diagnose einer bakteriellen Rhinosinusitis aber unterstützen

Komplikationen kommen bei Rhinosinusitis sehr selten vor

  • Orbital: Periostitis, Subperiostalabszess, Orbitaphlegmone
  • Intrakraniell: Meningitis, Enzephalitis, epidurale, subdurale und intrakranielle Empyeme bzw. Abszesse und Thrombosen der intrakraniellen Blutgefässe

Beachte: Das Auftreten von Komplikationen hängt v. a. von der Virulenz der Erreger ab, nicht davon, ob antibiotisch behandelt wurde oder nicht!

Therapie

  • Im Allgemeinen keine Behandlung notwendig
  • Nasenspülung* (geringe Evidenz)
  • abschwellende Nasensprays. Diese öffnen eine verstopfte Nase, beeinträchtigen aber die mukoziliare Clearance, aber keine hinreichende Evidenz aus Studien
  • NSAR bei Erkältungsschmerzen
  • Keine nasalen Steroidsprays
  • NSAR (oder Paracetamol) zur Schmerzbekämpfung
  • Nasenspülungen: Isotone oder hypertone Nasensprays (Salzlösungen)
  • Steroid-Nasenspray können bei mässigen Beschwerden als Ko- oder auch als Monotherapie eingesetzt werden (7, 8), wenn man eine Symptomreduktion als sehr notwendig erachtet. In der CH ist Mometason-Nasenspray offiziell zur ARS-Behandlung zugelassen. Therapiedauer: 14 Tage. Kein Steroid-Spray bei schwerer bakterieller Rhinosinusitis!

Ausserdem

  • Phytotherapeutika: Primelmischung (Sinupret®) ist schwach wirksam
  • Akupunktur kann bei ARS ev. Kopfschmerzen lindern, bei CRS nicht
  • Bakterienlysat OM-85-BV (Broncho-Vaxom®) bei Kindern (Wirksamkeit nur in einer kleinen Studie belegt).
  • Antibiotika sind reserviert für Patienten mit schwerem Verlauf > 7–10 Tage (s. u.). Unnötige AB-Therapie vermeiden!
  • Bei entsprechender Auswahl der Patienten Verkürzung der Krankheitsdauer im Mittel um 2–3 Tage (NNT= 4,5) unter Amoxicillin/Penicillin
  • Die Komplikationsrate wird von der Antibiotikatherapie insgesamt nicht beeinflusst

Wahl der Antibiotika

Erwachsene

  • 1. Wahl: Amoxicillin 3 x 750 mg/d p.o. für 5 d oder AM-CL 2 x 1 g/d für 5 d
  • 2. Wahl: Cefuroxim 2 x 500 mg/d für 5 d oder Doxycyclin 2 x 100 mg/d für 5 d (bei Penicillinallergie)

Kinder

  • AM-CL 25 mg/kgKG q 12 h p.o. für 10 d oder Cefuroxim 2 x 15 mg/kgKG q 12 h p.o. für 10 d, oder Clarithromycin 2 x 7,5 mg/kgKG q 12 h p.o. für 10 d

Wichtige Hinweise

  • AB-Therapie ist reserviert für Patienten mit schwerem Verlauf und Symptomdauer über 7–10 Tage, die auf abschwellende Nasentropfen und NSAR (und topische Steroide) nicht ansprechen und unter Gesichts-, Kieferschmerzen und purulentem Nasensekret leiden
  • Bei Nichtansprechen nach 2 Tagen Wechsel des Antibiotikums, bei Verschlimmerung bzw. Komplikationen Überweisung an HNO-Spezialisten
  • Steroid-Nasenspray als Basistherapie: Nach 4 Wochen kontrollieren, bei Besserung weiter verabreichen, sonst Überweisung an HNO-Spezialisten. Intranasale Steroide sind auch bei Anwendung über 1 Jahr sicher. Wichtig: Bei Steroid-Nasenspray-Anwendung > 2 Wochen immer Nasensalbe dazu verordnen, mindestens einmal täglich
  • Nasenspülungen oder -sprays mit (am besten isotonen) Salzlösungen. Spülungen sind erfahrungsgemäss effektiver als Sprays

Hinweis: Bei unzureichendem Therapieeffekt Abklärung/Mitbehandlung beim HNO-Spezialisten

Ausserdem

  • (Langzeit)-Antibiotika nur in Ausnahmefällen beim HNO-Spezialisten
  • Für eine Kurzzeittherapie mit oralen Steroiden gibt es nur eine schwache Evidenz
  • Dekongestiva in seltenen Fällen bei starker Nasenverstopfung, gemeinsam mit nasalen Kortikosteroiden
  • Adenektomie bei Kindern

Vollversion

Autoren: Dr. med. U. Beise, O. Stanimirov

Änderungsdatum: 09/2021

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