Hepatitis

Akute Hepatitis

Symptome

  • Akute Oberbauchbeschwerden
  • Übelkeit, (Skleren-)Ikterus
  • Medikamentenanamnese
  • Toxine?
  • Pilze?
  • Drogen?

Labor

  • Frische Infektion: > 10-fache Erhöhung der anti-HAV-IgM
  • Persistierend niedrige IgM-Titer nach Impfung und durchgemachter Infektion sind möglich
  • Immunität: Anti-HAV-IgG

Zum Abklärungsgang bei Leberenzymerhöhung siehe auch mediX GL Leberenzyme und mediX GL Hereditäre Hämochromatose

  • Impfempfehlung insb. für Reisende, vor einer Schwangerschaft sowie bei MSM, Drogenkonsumenten, beruflich Exponierten, chronisch Kranken und v. a. chronisch Lebererkrankten (NAFLD, HBV, HCV, HIV)

Hepatitis B

Übertragungswege

  • Hämatogen (Nadelstich, needle sharing, Transfusion)
  • Ungeschützter Geschlechtsverkehr (2/3 der Infektionen)
  • In Asien v. a. materno-fetal (bei infizierter Mutter)

Indikation zur Virus-Diagnostik

  • Transaminasenerhöhung, klinische Zeichen einer Hepatitis
  • Familien- oder Haushaltsangehörige bzw. Sexualpartner HBV-Infizierter (diskordante Partner impfen!)
  • Promiskuität und MSM
  • Aktive und ehemalige i.v. Drogenkonsumenten
  • Koinfektion (HIV, HAV, HCV)
  • Schwangere
  • Herkunft aus Hochprävalenzgebiet

Screening

  • Alle Personen mit Geburtsort Asien/Afrika/Balkan einmal auf Anti-HBc IgG/IgM, HBsAG und Anti-HBs testen. Wenn negativ –> impfen, wenn positiv –> Therapiebedarf und Nachsorgekonzept klären
  • Alle Schwangeren sollen zumindest auf HBsAG gescreent werden

Virusserologie bei Verdacht auf Hep B

  • Anti-HBc IgG/IgM, HBsAG und Anti-HBs. Wenn positiv: –> HBeAG, anti-HBe, HBV-DNA
  • Wenn HBsAG positiv, dann einmal Hepatitis-D-Antikörper bestimmen

Weitere Laborparameter

  • Akute Hepatitis: Transaminasen ­↑ (> 10 x; ALT [GPT] > ASAT [GOT]), Cholestaseparameter ↑­ (Bilirubin, Alkalische Phosphatase, Gamma-GT), Anti-HBc IgM, HIV, Anti-HAV IgM, Anti-HCV, HEV PCR, IgG (als Parameter für autoimmune Hepatitis)
  • Chronische Hepatitis: Transaminasen ­↑ (2–5 x; ALT > ASAT)

Tabelle: Virusserologie und ihre Interpretation

  • Je nach Dynamik und klinischem Verlauf
    • Bei schwerem Krankheitsbild initial ggfls. tägliche Kontrollen (AZ, Transaminasen, Syntheseparameter [Quick])
    • Bei leichtem Krankheitsbild: Wöchentliche Kontrollen (AZ, Transaminasen, Quick)
  • Konversion HBsAG (+) –> HBsAG (-) und das Auftreten von Anti-HBs (> 10 IU/l) sind Zeichen der Ausheilung (mit Immunschutz), wenn Transaminasen wieder normal sind
  • Bei HBsAG negativ/Anti-HBs < 10 IU/l: HBV-DNA bestimmen; Kontrolle nach 12 Monaten
  • Bei fehlender Therapieindikation Kontrolle je nach klinischer Aktivität initial alle 3 Monate – bei Vorliegen einer Leberzirrhose anschliessend alle 6 Monate, sonst alle 12 Monate
    • Leberentzündungs- und Synthese-Parameter, Blutbild, Quick
    • HBeAg (wenn initial positiv)
    • HBsAg, wenn negativ: anti-HBs
    • HBV-DNA (quantitativ)
    • Sonographie alle 6 Monate bei nachgewiesener Zirrhose oder bei HCC positiver Familienanamnese kombiniert mit asiatischer Herkunft auch ohne Zirrhose. Alpha-Fetoprotein wird in Kombination mit der Sonographie empfohlen
  • Pragmatisch „liberales“ Angebot an alle, da viele Aspekte (STD, Reiseimpfung, Karzinomprävention, ökonomische Aspekte); siehe auch BAG Impfplan 2021
  • Postexpositionsprophylaxe innert 48 h für Nicht-Immune nach Risikosituation (Nadelstich) (siehe mediX Factsheet Stichverletzungen)
  • Patienten mit HBV-Infektion sollten gegen Hepatitis A geimpft werden
  • Siehe auch mediX Factsheet Impfungen
  • In der Regel keine Notwendigkeit einer spezifischen Therapie, da hohe Spontanheilungsrate
  • Ausnahme: Fulminante Hepatitis mit drohendem Organversagen/Transplantationsnotwendigkeit
  • HBV-DNA > 2’000 IU/ml, erhöhtes ALT (GPT) > 2-fach oberer Normwert
  • Alle Patienten mit Leberzirrhose (–> Elastographie)
  • Immunsupprimierte Patienten (z. B. Prednisontherapien, Biologika, Chemotherapien während der Therapie und 6 Monate über Therapieende)

Behandlung

  • Die Therapie besteht in der Regel in einer sehr gut verträglichen Langzeittherapie mit Tenofovir eine Tablette pro Tag. Dabei ist die konsequente Therapieadhärenz entscheidend

Keine Behandlungsindikation

  • HBV-DNA < 2’000 IU/ml, normale Transaminasen, bioptisch geringe Aktivität (Anm.: Eine Biopsie ist nicht routinemässig erforderlich)
  • HBV-DNA > 2‘000 IU/ml und normale Transaminasen wird in der Regel nicht behandelt, insbesondere wenn keine Zirrhose vorliegt. Wiederholung der Parameter ist nach 6 Monaten indiziert und Abklärung bei Hepatologen ist sinnvoll

Hepatitis C

Symptome und Verlauf

  • Die HCV-Infektion verläuft bei ca. 80 % inapparent, sonst unspezifische Allgemeinsymptome: Fatigue, Gelenkschmerzen, kognitive Beeinträchtigungen, rechtsseitige Oberbauchbeschwerden
  • Eine akute HCV-Infektion geht in 50–85 % in eine chronische Hepatitis C über (definitionsgemäss > 6 Monate HCV-RNA positiv). Bei symptomatischen Patienten kommt es häufiger zu einer spontanen Viruselimination, meistens innert 12 Wochen nach Infektion

Inkubationszeit

  • 2 Wochen bis 6 Monate

Screening

  • Eine HCV-Diagnostik sollte ein- oder mehrmalig erfolgen nach anamnestischen Risikofaktoren
    • Patienten mit Symptomen einer Hepatitis
    • Erhöhte Transaminasen
    • Fatigue oder Gelenkschmerzen ohne klare Ursache
    • Empfänger von Blutprodukten vor 1992
    • Operationen oder Transfusionen in Länder mit niedrigem Hygienestandard
    • Hämodialyse
    • Aktueller Drogenkonsum (i.v., sniffing, rauchen)
    • Koinfektionen (HBV, HIV)
    • Kontaktpersonen von HCV-Infizierten
    • Kinder HCV-positiver Mütter
    • Schwangere (1. Trimenon)
    • MSM
    • Sexarbeiter/innen und Promiskuität
    • Freiheitsentzug
    • Patienten mit Tattoos und Piercings, die nicht steril angebracht wurden
    • Immigration/Reisende aus Hochprävalenzgebieten (Zentral- und Ostasien, Nordafrika, osteuropäischen Ländern, Frankreich und Italien)
    • Piercing oder Tattoo unter ungenügend/fraglich sterilen Bedingungen (z. B. Ferientattoo, Tattoo im Strafvollzug)
    • Gefängnisinsassen/Gefängnispersonal
    • Transplantationsempfänger
    • Bei Personen der Geburtenjahrgänge 1950–1985

Vorgehen

  • Antikörper-Suchtest auf Hep C (–> Anti-HCV-Antikörper)
    • Bei positivem Befund muss eine Bestätigung erfolgen (PCR-Test auf HCV-RNA)
    • Bei negativem PCR-Testergebnis handelt es sich wahrscheinlich um eine frühere, spontan ausgeheilte oder behandelte Infektion
    • Bei Vorliegen eines positiven PCR-Tests liegt eine aktive Hepatitis-C-Infektion vor

Wichtig: Bei jeder chronischen Hepatitis C muss eine Leberzirrhose ausgeschlossen werden

  • APRI-Score: Bei bestätigter aktiver Hep C –> Bestimmung von ASAT/GOT und Thrombozyten für APRI-Score. Bei Score > 0,5 muss eine Elastographie beim Spezialisten durchgeführt werden (Fragestellung: Fibrosegrad, Leberzirrhose?) (s. a. –> HepCare)

Bei Leberzirrhose halbjährlich Ultraschall zum Ausschluss eines HCC

Vollständige Checkliste: https://www.hepcare.ch/admin/resources/hepcarecheckliste.pdf

  • Ausnahmen: V. a. Patienten mit einer geringen Lebenserwartung
  • Die Behandlung ist einfach und komplikationsarm und kann auch von Hausärzt*innen durchgeführt werden (s. a. –> HepCare). Das Rezept zur Therapie muss von einem Spezialisten ausgestellt werden (im HepCare Programm auch über Aktenkonsil möglich)
  • Patienten- und Fachinformation Hepatitis C: hepatitis-schweiz.ch Patientenorganisation und kostenlose Peer-to-Peer-Beratung: www.hepc.ch.

Antivirale Medikation

  • Erste Behandlung/ohne Zirrhose (alle Genotypen, gleicher Preis pro Behandlung)
    • 8 Wochen Maviret®: 3 Tabletten mit Imbiss
    • 12 Wochen Epclusa®: 1 Tablette
  • Patienten mit Child-A-Zirrhose (alle Genotypen)
    • 12 Wochen Epclusa®
    • 8–12 Wochen Maviret®
  • Patienten mit Child B-Zirrhose: Nur Epclusa® möglich
  • Patienten mit Niereninsuffizienz: Nur Maviret® möglich
  • Präexpostionsprophylaxe (PREP bei HIV) bei MSM: Nur Maviret® möglich
  • Therapieversager: Nur Trippelkombination Vosevi®

Hinweis: Interaktionspotential mit den Hepatitis-C-Medikamenten prüfen –> www.hep-druginteractions.org.

Hepatitis E

Übertragung

  • Fäkal-oral, selten durch Blutprodukte, Organspenden
  • In Entwicklungsländern: Kontaminiertes Wasser, rohe Fleischprodukte
  • In Europa: Zumeist autochthon durch unzureichend gegartes, infiziertes Schweinefleisch (seltener Wild) übertragen; nur in Einzelfällen als Tropenkrankheit importiert

Inkubationszeit

  • 2–8 Wochen

Symptome

  • Akute Infektion meist asymptomatisch. In 2–5 % unspezifische Symptome ähnlich Hepatitis A; bei 0,5–4 % akutes Leberversagen
  • Chronische Hepatitis E nur bei Immunsupprimierten (z. T. mit Entwicklung einer Leberzirrhose)

Labor

  • Anti-HEV-IgM, (und da die serologischen Verfahren noch testabhängig Schwankungen unterliegen) bei vermuteter HEV-Infektion gleichzeitig auch HEV-RNA (PCR)
  • Indikation zur Virus-Serologie
    • Patienten mit Lebererkrankung oder hämatologischen Malignomen
    • Schwangere und Organtransplantierte, wenn anamnestische Hinweise auf eine mögliche Hepatitis E-Infektion bestehen
  • Meist keine spezifische (antivirale) Therapie notwendig

Fettleberhepatitis

  • Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD): Spektrum von Erkrankungen, unterteilt in
    • Gutartig verlaufende einfache Steatose (Fettakkumulation in > 5 % der Hepatozyten, aber Fehlen von Entzündung)
    • Aggressivere nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) (zusätzlich Entzündung, Hepatozytenballonierung, Mallory-Denk-Körper)
  • NAFLD/NASH: Anamnestisch Übergewicht, metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus
  • Diagnose einer NAFLD: Nach Ausschluss anderer Ursache einer sekundären Steatose, und es darf kein signifikanter Alkoholkonsum vorliegen (< 10 g/d bei der Frau bzw. < 20 g/d beim Mann)
  • ASH (alkoholische Steatohepatitis): Tgl. Alkoholkonsum > 20 g (Frauen) bzw. 40 g (Männer)

Symptome

  • Von asymptomatisch über unspezifische Beschwerden bis zur Leberzirrhose
  • Diagnose einer NAFLD kann nur gestellt werden, wenn andere Ursache einer sekundären Steatose ausgeschlossen sind und kein signifikanter Alkoholkonsum vorliegt (< 10 g/d bei der Frau bzw. < 20 g/d beim Mann)

Labor

  • Fettleberhepatitis: Transaminasen ­↑
  • NAFLD (nicht alkoholische Fettlebererkrankung): GOT(ASAT)/GPT(ALAT) oft < 1, HbA1c
  • ASH: MCV, Thrombopenie, GOT/GPT oft > 2, CDT (muss Patient selber zahlen!)

Screening-Fragebogen Alkoholkonsum

  • Für die Hausarztpraxis wird u. a. der Audit-C empfohlen

Sonographie

  • Immer indiziert
  • Hämochromatose (hohes Ferritin und hohe Transferrinsättigung), Zöliakie, Autoimmunhepatitis, PSC und PBC
  • Ausschluss Virushepatitis (anti-HBc, HBsAG, anti-HCV)
  • NAFLD: Körperliche Bewegung mit Gewichtsabnahme einzig nachgewiesen wirksame Therapie; Therapie von Diabetes und Hyperlipidämie
  • ASH: Alkoholabstinenz

Vollversion

Autoren: Dr. med. U. Beise, Dr. med. F. Huber

Änderungsdatum: 09/2021

Wollen Sie über aktualisierte und neue Guidelines informiert werden?

Abonnieren Sie unseren kostenlosen mediX-Guideline Update-Service.

mediX-Guidelines weiterempfehlen